3. Das Mittelalter   «« Inhaltsverzeichnis

4. Der Heilige Brendan oder die Suche nach dem Paradies

Um die Seefahrten der heiligen Männer aus Irland webten klösterliche Geschichtenerzähler Reiseschilderungen, in denen sich Erlebnis und Phantasie, keltische Legenden und klassische Sagenstoffe miteinander mischten. Von den irischen See-Epen, die von Seeabenteuern oft wundersamer Art erzählen, sind weitaus am bedeutendsten und bekanntesten die Erlebnisse des Heiligen Brendan geworden.

Es wurde erkannt, daß in allen Immrama Übereinstimmungen mit den Inselbesuchen des Odysseus, und mit denen seiner Ausläufer in den islamischen Kauffahrgeschichten vorliegen(37). "Aber Brandan ist eben nur eine Art von menschlichem Kristallisationspunkt gewesen, auf dessen Person alle von irischen Seefahrern wirklich oder vorgeblich erlebten Geschichten zusammengehäuft wurden."( Sic.. ! )(38)
Der 484 in Kerry geborene, und als Abt von Cluain Fearta ( Clonfert ) am 16. Mai 577 gestorbene Mönch und Klostergründer sorgte jahrhundertelang mit seiner Reise für Aufregung unter Seefahrern und Geographen.

Die legendarische Reisebeschreibung des Heiligen ist in der lateinischen Navigatio Sancti Brendani und in der dt. / ndl. sog. "Reise-Fassung" erhalten. Daneben gibt es eine Vita von ihm, von der eine irische und eine lateinische Fassung vorliegt(39).
Wie im fernen Osten, so waren auch im ozeanischen Westen phantastische " Wunschländer " entstanden. Reminiszenzen an die Insel der Seeligen lebten noch fort, und religiöse Begeisterung schuf neue, dem christlichen Anschauungskeris sich besser anpassende Fabelländer.
Angeregt durch die Erzählung des Bruders Borintus macht sich auch Brendan mit 14 Mönchen auf den Weg, um das Land der Verheißung aufzusuchen.(40) Es beginnt eine siebenjährige Irrfahrt auf dem Ozean von Insel zu Insel.

Die Texte enthalten viele Berichte über Naturerscheinungen, die so genau charakterisiert sind, daß man annehmen muß, sie stammen aus Erfahrung. Die Inseln die mit mehr oder weniger Sicherheit aus diesen Beobachtungen und aus den angegebenen nautischen Einzelheiten herausgelesen werden können, sind vermutlich die Färöer, mit ihrem Reichtum an Schafen und Seevögel. Island ist an einem tätigen Vulkan zu erkennen. Es wird noch von einem Land, vierzig Tage westlich von den Färöern, wo die Reisenden Walen, "Pygmäen und Zwergen schwarz wie Kohle" ( Eskimos ? ) und einer "Seekatze mit ...Schnurrhaaren und Hauern" ( einem Walroß ? ) begegnen, berichtet.
Es gibt in der Erzählung Anhaltspunkte, die auf die Nebel der Neufundlandbänke hindeuten.

Die Terra repromissionaris Sanctorum des Heiligen Brendans ist also jedenfalls eine jener fabelhaften Inseln, von denen das Mittelalter mehrere aufzuweisen hat. Eine Insel Brandan finden wir auf alten Karten im Nordatlantik, am Äquator, sowie im westlichen Teil des Ozeans.
Die Insel wurde wahrscheinlich zuerst auf der Erbstorfer Weltkarte verzeichnet, 60 - 70 Jahre später auf der Hereford - Karte. In beiden Fällen liegt St. Brandan in der Nähe der Kanarischen Inseln, so auch auf der Portolankarte von Angelo Dalorto.
Auf der Karte der Pizigani in Parma von 1367 trägt die Madeira - Gruppe die Bezeichnung: Insule Fortunate Sancti Brandani. Die Katalanische Karte von 1375 zeigt sie uns an einer Stelle, wohin sie auch die ursprüngliche Sage verlegt hat, nämlich nicht allzu fern vom südlichen Irland. An der Westküste Irlands zeigen viele Karten des 15. Jh.. einen meerbusenartigen See mit zahlreichen Inseln, der die Legende führt: Lacus fortunatus ubi sunt insule que dicuntur sancte beate.

Ob die 368 Inseln Irlands mit den Insulae Fortunatae der Alten außer dem Namen etwas gemeinsam haben ist fragwürdig. Hingegen seht die Tatsache fest, daß der Name Brandans unmittelbar auf die Fortunaten der Antike übertragen ist.(41) Als man aber die Kanarische Inseln und Madeira näher kennenlernte, vermutete man das Land der Verheißung in noch südlicheren Strichen. Auf dem Globus Martin Behaim´s finden wie die Insel bereits in unmittelbarer Nähe des Äquators.
Eines der interessantesten Phänomene in der Geschichte der Kartographie stellt wohl die Insel Brazil dar. Eine Insel Brasil erscheint nachweislich zuerst auf Angelo Dolortos Karte von 1325 als Landscheibe westlich von Irlands Südspitze. Seitdem wurde sie in verschiedenen Schreibweisen ( Brasil, Bersil, Brasin, O´Brasil, O´Brassil, Breasdil u.a. ) aufgezeichnet.

4.1. Die Expeditionen

Wurde auch mancher Zweifel an der tatsächlichen Existenz der Insel laut, so gab man doch die Hoffnung nicht auf das Verhießene Land wieder aufzufinden.
Marco Verde gab vor, auf einer Insel gelandet zu sein, welche seiner Meinung nach nur die Brandan - Insel gewesen sein konnte. Im Jahr 1570 machte der Gouverneur von Parma, Fernando de Villalobos, einen Versuch, der freilich ergebnislos verlief. Gaspar Perez de Acosta fand auch kein Land, als er 1604 nach der Insel forschte. Ja, noch im Jahr 1721 ließ Don Juan de Mur nach der Insel vergeblich suchen.

Eine andere Art von Versuch startete "ein spleeniger Kulturwissenschaftler und Geograph aus Oxford"(42) , Timothy Severin. Da er aus der Legende des irischen Abtes, die Beschreibung einer frühmittelalterlichen Amerikaentdeckung herauszulesen glaubte, unternahmen er und seine vier Begleiter, in einem mittelalterlichen Quellen nachgebauten Ochsenhautboot, eine Seefahrt auf den Spuren des Heiligen Brendans.
Sie starteten am 17. Mai 1976 von Irlands Westküste und kamen bis Reykjavik, wo sie überwinterten. Sie erreichten Neufundland am 26. Juni 1977, womit die Möglichkeit einer Entdeckung Amerikas durch irische Kleriker, rund 400 Jahre vor den Normannen, stark untermauert wurde.

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